
Wie Gott mit uns Menschen spricht ...
Wie Gott mit uns Menschen spricht …
Immer wieder hören wir in der Bibel davon, dass Gott zu den Menschen spricht, sei es direkt oder sei es über Vermittler und Boten. Das können Propheten sein oder Anführer des Volkes. Oftmals sind es auch Engel, die uns gerade in den weihnachtlichen Schriftlesungen sehr häufig begegnen. Und es fällt schon auf, dass die Art und Weise, wie Gott über die Engel zu den Menschen spricht, eine ganz besondere ist. Das Augenmerk soll im Folgenden aber gar nicht so sehr auf dem liegen, was da für eine Botschaft vermittelt wird, sondern WIE es gesagt wird.
Es lohnt sich wirklich, diese Sprache der Engel ein wenig näher zu betrachten: wie kommt Gott (über die Engel) mit den Menschen ins Gespräch und wie kommen die Menschen mit Gott ins Gespräch? Dieser Dialog, dieses Gespräch zwischen Gott und den Menschen, wie wir es in der Bibel immer wieder lesen können, kann beispielgebend sein für unseren Dialog mit Gott, auch für unser Beten. Darüber hinaus bekommen wir wertvolle Impulse für unsere menschliche Kommunikation generell. Wir wollen also das WIE dieses Gespräches ein wenig näher betrachten.
Das Beispiel von der Erwählung Marias
Eine der uns bekanntesten und vertrautesten biblischen Erzählungen ist die der Erwählung Marias, wie wir es etwa beim Evangelisten Lukas nachlesen können (Lk 1, 26-38). Hier treffen wir auf eine außergewöhnliche Begegnung. Gott tritt in der Gestalt eines Engels in den Alltag Marias ein. Wenn in den biblischen Geschichte Engel auftreten, dann kommt es im Leben der Menschen immer zu entscheidenden Veränderungen.
Da tun sich auf einmal neue Horizonte auf, der Blick auf das Leben wird erweitert. Lebensfreundliche Botschaften oder Lösungen werden angekündigt: Unglaubliches und scheinbar Unmögliches soll auf einmal möglich werden.
Sehr oft erzählt die Bibel aber auch davon, dass die Angesprochenen zuerst einmal heillos überfordert sind. Sie brauchen Zeit, damit sie die Botschaft überhaupt erfassen können. Da muss schon auch noch einmal genau nachgefragt werden oder hinterfragt oder vielleicht sogar widersprochen.
Auf diese Reaktion treffen wir auch bei Maria. Das Wunderbare dieser Erzählung ist aber, dass ihr Einwand ernst genommen wird. Das Gespräch läuft eben nicht in einer Einbahnstraße, sondern es entwickelt sich ein wunderschöner Dialog. Und das ist nicht nur bei Maria so.
Wenn in der biblischen Tradition Frauen oder Männer von Gott in den Dienst genommen werden, geschieht es oft, dass sie Fragen stellen, Einwände haben, nicht verstehen – ja, gelegentlich verhandeln oder streiten sie sogar mit Gott (Mose, Jona,…).
Biblische Menschen sind also durchwegs mutige Leute, auch Gott gegenüber. Das sagt auch viel über Gott aus, weil er uns Menschen diesen Raum gibt und ermöglicht. Eines wird im Gespräch Gottes mit uns Menschen sehr deutlich: es geht nicht um Belehrung oder Anweisung, sondern es geht ums Berührt-Werden.
Vertrauen schaffen – Angst nehmen
Wenn Engel im Leben der Menschen auftauchen kommt es also meist zu Veränderungen. Das kann auch Angst machen. Das kennen wir alle, dass Veränderungen bisweilen auch Angst machen können. So hören wir von Maria, dass sie unsicher ist und erschrickt. Der Engel spürt ihre Verunsicherung und genau in diese Situation hinein sagt er ihr das wunderbare „Fürchte dich nicht!“.
Und das ist in der Bibel sozusagen das Erkennungszeichen Gottes schlechthin, dieses „Fürchte dich nicht! Fürchtet euch nicht!“. Das sagt uns viel über Gott aus, nämlich, dass er kein Interesse hat an unserer Furcht, dass er seine Macht nicht auf unseren Ängsten aufbauen will.
Wenn wir in unserem Alltag einen Menschen treffen, bei dem unsere Angst abnimmt und unser Vertrauen wächst, dann dürfen wir annehmen, dass er oder sie – im Sinne Gottes – es gut - mit uns meint, dass er oder sie ein solcher Engel Gottes ist.
Das wiederum kann als Beispiel dafür dienen, wie wir Menschen einander begegnen können und dürfen: in einer Atmosphäre, wo Ängste schwinden und Vertrauen wachsen kann, wo Wachstum möglich ist, wo Lebendigkeit sich entfalten kann, wo wir uns in unserem tiefsten Wesen, in unserer Mitte angesprochen und verstanden fühlen können.
Aus der Erzählung von der Erwählung Marias können wir herauslesen, was die große Zusage Gottes für uns alle ist:
- Ein Mensch erfährt sich angenommen und geliebt.
- Er weiß um seine Aufgabe und Bestimmung, um seine Möglichkeiten und Grenzen.
- Er fühlt sich zu seinem innersten Wesen befreit.
- Er kann sich beschenken lassen und sich in den Dienst von etwas Höherem stellen.
- Aus einem großen Einverständnis mit dem Leben heraus kann neues Leben wachsen. Das alles wird möglich mit der Kraft des Heiligen Geistes.
- Sein Dasein ist geprägt von einem großen Vertrauen ins Leben.
So möge Gott uns gerade auch in diesen (vor)weihnachtlichen Tagen geben, dass wir unseren Engel erkennen und verstehen, wenn er uns besucht und sagt, was Gott Großes mit uns vor hat.
Wolfgang Bögl, 17.12.2015